Bargeldlos boomt: Das elektronische Bezahlen mit Kredit- und Debitkarte oder NFC-fähigem Mobilgerät wird immer selbstverständlicher. So haben Verbraucher von Jahr zu Jahr mehr Möglichkeiten, um in Handel, Gastronomie und anderen gewerblichen Bereichen mit Payment-Terminals ihre Rechnung zu begleichen.
Im Zeitraum von 2010 bis 2020 hat die Anzahl installierter POS-Terminals (Point of Sale) in Deutschland von knapp 700.000 auf über 1,1 Millionen Geräte zugenommen. Die Corona-Pandemie wirkte in diesem Umfeld als ein zusätzlicher Katalysator, der das kontaktlose Zahlen ins Bewusstsein der Verbraucher katapultiert hat.
Laut Branchenverband Bitkom sammelte nach Ausbruch der Pandemie ein Drittel aller Verbraucher erste Erfahrungen mit dieser Bezahlart. Und 60 Prozent der Bevölkerung sehen es durch Corona als selbstverständlich an, eine kontaktlose Bezahloption am Point of Sale offeriert zu bekommen.
Payment-Terminals: Keine Innovation ohne Regulierung
Mit dem Erfolg der POS-Terminals ist ein komplexes System aus Innovationen, technologischen Weiterentwicklungen und Regulierung verbunden. Von Generation zu Generation konnten die Terminals auf diese Weise mit immer neuen Funktionen ausgestattet werden: Sie wurden weiter in die Kassensysteme integriert, mobil einsetzbar, kontaktlos, an die Entwicklung der Girocard und weiterer Kredit- und Debitkarten angepasst und bilden europäische Bezahl-Standards ab.
Für Händler und Gastronomen hat dieses System viele Vorteile: Es sorgt für Einheitlichkeit und Sicherheit beim Bezahlvorgang und vereinfacht viele Abläufe vor und hinter der Kasse. Auf der anderen Seite sind sie dadurch aber auch an die Regeln des Systems gebunden, wollen Sie ihren Kunden flexible zeitgemäße Optionen zum bargeld- und kontaktloses Bezahlen zur Verfügung stellen.
Deutsche Kreditwirtschaft und Acquirer: Wächter der Payment-Terminals
Die zentrale Stelle für die Standardisierung des Zahlungsverkehrs in Deutschland ist die Deutsche Kreditwirtschaft (DK). Als Interessenvertretung der kreditwirtschaftlichen Spitzenverbände in Deutschland stellt die DK standardisierte Regelungen für den Zahlungsverkehr auf, die für alle Beteiligten in Deutschland bindend sind. Parallel dazu gibt es die internationalen Standards EMV (Europay, MasterCard & Visa) und PCI DSS (Payment Card Industry Data Security Standard), die von den großen Kreditkarten-Instituten aufgestellt werden.
Für die Payment-Terminals bedeutet das: Hardware, die in Deutschland eingesetzt wird, muss ein Typ-Zulassungsverfahren für die Girocard und die Kreditkarten durchlaufen, sollen darüber die entsprechenden Bezahloptionen angeboten werden.
Was ist der Technische Anhang (TA)?
Die Deutschen Kreditwirtschaft nimmt alle Neuerungen und Änderungen der technischen Spezifikationen für Payment-Terminals in den Technische Anhang (TA) auf. Der Name verweist darauf, dass es sich beim Technischen Anhang rechtlich um ein vertragliches Zusatzdokument im Rahmen der Regulierung des Zahlungsverkehrs durch die DK handelt.
Der Technische Anhang wird ähnlich wie eine Software-Version durchnummeriert: TA 7 steht für die siebte Fassung der technischen Spezifikationen für den Kartenzahlungsverkehr in Deutschland:
- Die erste Version der siebten Fassung wurde als TA 7.0 Ende 2010 eingeführt. Mit 7.0 konnten zum Beispiel EMV-Chips in die Payment-Terminals installiert werden, die bei der Sicherheitstechnologie eine Umstellung vom Magnetstreifen- auf ein Mikrochip-Verfahren ermöglichte.
- Im Jahr 2016 folgte der Technischer Anhang 7.1, der bis Ende 2017 verpflichtend wurde. Mit TA 7.1 wurde zum Beispiel bei Girocard-Zahlungen die Magnetstreifen-Autorisierung abgeschafft und der Belegdruck am Terminal war nicht mehr obligatorisch.
TA 7.2 / DC POS 3.0: Das ändert sich
Im Vergleich zu den beiden vorhergehenden Änderungen der Spezifikationen bedeutet TA 7.2 für die neueste Generation der Payment-Terminals ein relativ umfangreiches Funktionsupdate.
Auf regulatorischer Ebene besteht die größte Veränderung darin, dass mit TA 7.2 erstmals ein gemeinsames Zulassungsverfahren in die Terminal-Infrastruktur einzieht: Künftig erfolgt die Zulassung für Debitkarten (Girocard) und internationale Kreditkarten (Visa, Mastercard) aufgrund einer einheitlichen Spezifikation, die von der DK und den Kreditkarten-Acquirern in Deutschland zusammen erstellt wird.
Dieses Vorgehen ermöglicht ein einheitliches Set an Spezifikationen (TA 7.2/DC POS 3.0), das aus technischer Perspektive den Vorteil mit sich bringt, für jeden Gerätetyp nur noch einmal implementiert und getestet werden zu müssen.
Mit TA 7.2 / DC POS 3.0 werden für Payment-Terminals unter anderem folgende technische Spezifikationen verbindlich:
- mehr Optionen beim kontaktlosen Bezahlen mit der Girocard,
- neue Sicherheitstechnologie,
- Anhebung des Limits bei der Cardholder Verification Method (CVM) auf 50 Euro,
- Single-Tap-Funktion zur PIN-Eingabe bei Kreditkartenzahlungen,
- Dynamic Currency Conversion (DCC) für kontaktloses Bezahlen mit der Kreditkarte,
- komfortablere Zahlungsoptionen für Prepaid-Kreditkarten,
- sowie Cashback-Käufe ohne Option zur Bargeldauszahlung.
Weg fallen hingegen die Unterstützung für EAPS- und EMV-5-Karten, Offline-PIN mit Klartext-Eingabe und Spur-2-Verarbeitung bei Magnetstreifen-gestützten Zahlungen.
Roadmap zum Umstieg auf TA 7.2/DC POS 3.0
Schon seit Anfang dieses Jahres dürfen nur noch Hardware-Produkte neu in den Markt eingeführt werden, die dem TA 7.2/DC POS 3.0-Standard entsprechen. Ab 2025 werden die neuen Spezifikationen für alle im Markt befindlichen Payment-Terminals verbindlich, wenn sie das kontaktlose Bezahlen weiterhin unterstützen sollen. Bei Geräten, die dann noch dem alten TA 7.1/DC POS 2.5-Standard entsprechen, wird diese Funktion zum 1. Januar 2025 automatisch abgeschaltet.
Wissenswert ist außerdem, dass im Sommer 2021 ein Sicherheitsupdate (Errata) zu TA 7.2/DC POS 3.0 herausgegeben wurde. Es betrifft die Verwendung von Mastercard-Kreditkarten und hat Folgen für die Weiterverwendung von Geräten mit alten Standards während des Übergangszeitraums: Demnach werden bei Kontaktlos-Zahlungen mit der Mastercard an Payment-Terminals mit dem TA 7.1/DC POS 2.5-Standard zusätzliche Gebühren fällig. Ab 30. September 2022 werden 2,9 Basispunkte (maximal 29 Cent) fällig, ab dem 1. Juli 2023 steigt diese Gebühr auf 4,4 Basispunkte (maximal 44 Cent).
Welche Auswirkungen hat TA 7.2/DC POS 3.0 auf Händler und Service-Provider?
Es bleibt festzuhalten: Alle im Markt befindlichen Payment-Terminals müssen bis spätestens Ende 2024 auf den neuen Standard upgegradet werden. Verantwortliche müssen deshalb rechtzeitig tätig werden.
In diesem Kontext ist es wichtig zu wissen, dass ein Software-Update von TA 7.1/DC POS 2.5 auf TA 7.2/DC POS 3.0 bei einer großen Anzahl der im Markt befindlichen Geräten nicht möglich ist. Nach Experten-Schätzungen handelt es sich dabei etwa um die Hälfte der über 1.1 Millionen EFT/POS-Terminals, die in Deutschland im Einsatz sind. Das bedeutet: für jedes auf dem Markt befindliche Geräte-Modell muss vor Ort gecheckt werden, ob es schon dem neuen Standard entspricht, ein Software-Update durchgeführt werden kann oder ein Gerätetausch organisiert und durchgeführt werden muss.
Wieviel Zeit bleibt zum Handeln?
Wegen des anhaltenden Booms am Markt für Payment-Terminals wird den Verantwortlichen dringend geraten, so schnell wie möglich tätig zu werden. Dabei muss sicherlich nicht erwähnt werden, dass ein Tausch der wichtigen Bezahl-Infrastruktur immer absolut reibungslos über die Bühne gehen muss. Verantwortliche für das Payment-Netz sollten jedoch nicht unterschätzen, welche konkreten Herausforderungen damit verbunden sind.
Der notwendige Austausch der Geräte beginnt mit der Organisation und dem Aufbau des logistischen Prozesses und reicht über den eigentlichen Austauschvorgang und die Installation der neuen Geräte vor Ort bin hin zur fachgerechten Entsorgung der Altgeräte. Zum anderen müssen Sie bedenken, dass ein Austausch in dieser Größenordnung womöglich zu Lieferengpässen auf Seiten der Hersteller führen kann, wenn zu viele Akteure gleichzeitig zu spät tätig werden.